Gebäudetyp E - die Initiative zum einfachen Bauen

Die Bayerische Architektenkammer wirbt mit ihrer Initiative Gebäudetyp E für ein zusätzliches Angebot innerhalb der Bayerischen Bauordnung. Dieses richtet sich vor allem an eine fachkundige Bauherrschaft. Dabei tritt der Gebäudetyp E – „E“ wie einfach oder experimentell - bewusst nicht anstelle der in der Bayerischen Bauordnung geltenden Gebäudeklassen, sondern ergänzt diese.

Fachkundige Bauherren/Baufrauen und Planende, erhalten damit die Freiheit, ihr Projekt auf den eigentlichen Kern der Schutzziele der Bayerischen Bauordnung (Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz) zu reduzieren, verzichtet werden kann dagegen auf darüberhinausgehende Normen und Standards.

Gebäudetyp E soll die Planung von Gebäuden vereinfachen

„Die Einführung des Gebäudetyps E schlägt eine Schneise in das Dickicht der Normen beim Planen und Bauen. Und das heißt, sich auf das Wesentliche zu reduzieren, suffizient, nachhaltig und qualitätsorientiert zu handeln. Dafür stehen die Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen mit ihrer Innovationskraft und Expertise bereit. Dabei haben sie als gesellschaftliche Aufgabe vor allem auch den Gebäudebestand im Blick, der nicht nur nachhaltig und qualitätvoll weiterentwickelt, sondern auch weiterhin bezahlbar bleiben muss“, betont Kammerpräsidentin Prof. Lydia Haack.

Mit dem Gebäudetyp E kostengünstig und ressourcenschonend bauen

Der Gebäudetyp E geht zurück auf eine Initiative der Bayerischen Architektenkammer, der sich auch die Bayerische Ingenieurekammer-Bau angeschlossen hat. Beide Kammern unterstützen die Pilotprojekte mit ihrem Engagement. Das Bauen unter dem Schlagwort Gebäudetyp E zielt darauf ab, die Vielzahl an Normen und Regelwerken auf den Prüfstand zu stellen, um mit normreduzierten und abweichenden Lösungen einfachere und damit kostengünstigere und ressourcenschonendere Gebäude errichten zu können.

Im Sommer 2023 hat das Bayerische Bauministerium dafür Artikel 63 BayBO von einer Ermessensvorschrift in eine Sollvorschrift umgewandelt, sodass nun Abweichungen regelmäßig zugelassen werden sollen, insbesondere bei Vorhaben zur Erprobung neuer Bau- und Wohnformen. Von großer Bedeutung für die dem Gebäudetyp E zu Grunde liegende Idee des einfachen Bauens wird allerdings sein, ob es gelingt, auch im Zivilrecht Möglichkeiten für Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu schaffen.

Bundesbauministerin Klara Geywitz hofft mit dem Gebäudetyp E auf einen Impuls für die Bauwirtschaft. "Unser Ziel ist es, auch in Zukunft qualitätsvoll zu bauen und dabei gleichzeitig schneller und kostengünstiger zu werden, denn der Wohnraumbedarf bleibt hoch", sagte sie. Komfortbezogene Entscheidungen, wie etwa die Zahl der Steckdosen im Wohnzimmer, würden künftig den Vertragsparteien überlassen. "Die Gebäudesicherheit, zum Beispiel die Statik oder der Brandschutz, bleibt davon unberührt", stellte sie klar.

Buexperten weisen ferner darauf hin, dass im nächsten Schritt die Länder in ihren 16 Landesbauordnungen oder der Bund technisch festlegen, wie jene Mindeststandards aussehen sollen, von denen nicht abgewichen werden kann, damit Rechtssicherheit für den Gebäudetyp in der techischen Ausführung entsteht.

Wie ist der rechtliche Fortschritt beim Gebäudetyp-E?

Der durch Bundesjustizminister Buschmann vorgelegte Entwurf zur Umsetzung des Gebäudetyp-e im Architekten- und Bauvertragsrecht wurde am 06.11.2024 durch das Kabinett beschlossen. Damit ist ein wesentlicher Schritt für die Umsetzung des Gebäudetyp-e auf Bundesebene getan. Die Bayerische Architektenkammer, die den Planungsansatz zur Vereinfachung des Bauens angestoßen hat, freut sich, dass Planerinnen und Planer die Änderungen nun konkret anwenden können. Das Gebäudetyp-e-Gesetz geht jetzt in das parlamentarische Verfahren und wird voraussichtlich im Frühjahr 2025 in Kraft treten.

Zum Hintergrund des Gebäudetyp-E: "Architekten tragen beim Planen und Bauen die Verantwortung für ein mangelfreies Werk. Neben dem Bauordnungsrecht definieren die sogenannten „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ den Mindeststandard, unter dem ein Werk als mangelfrei gilt. Architekten sehen sich einer Vielzahl von Normen gegenüber, die sie bislang als Mindeststandard einhalten müssen, um nicht für ein mutmaßlich mangelhaftes Werk haften zu müssen. In vielen Bereichen ist der Mindeststandard zu einem hohen Komfortanspruch herangewachsen, etwa bei hohen Anforderungen im Schallschutz oder bei der technischen Gebäudeausstattung. Das enge Normenkorsett beinhaltet inzwischen über 3.900 baurelevante Normen, die das Bauen über die Maßen komplex und teuer machen", so die Architektenkammer Bayern in ihren Ausführungen.

Pilotprojekte zum Gebäudetyp E sind am Start

Mehr Spielräume beim Bauen: Die Bayerische Staatsregierung hat mit einer Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO) im Sommer 2023 einen Grundgedanken des Gebäudetyps E im öffentlichen Recht umgesetzt. Nun starten in fast allen Regierungsbezirken Bayerns Pilotprojekte:

  • 19 Pilotprojekte zum Gebäudetyp E in fast allen Regierungsbezirken

  • Abweichung von gesetzlichen Vorschriften und Baubestimmungen erleichtert

  • Wissenschaftliche Begleitung soll Wirksamkeit prüfen und Handlungsbedarf feststellen

„Mit dem Erproben des Gebäudetyps E stärken wir das innovative Bauen“, erklärt Bayerns Bauminister Christian Bernreiter. „Gerade in der aktuell sehr angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt bieten wir der Baubranche damit neben unserem Wohnbau-Booster eine weitere Möglichkeit, Wohnraum einfacher und bezahlbarer zu realisieren, hier sogar noch erweitert auf das kommunale und staatliche Bauen. Mit den Pilotprojekten in Bayern zum Gebäudetyp E wollen wir nun herausfinden, wie gut das in der Praxis funktioniert. Das Interesse ist groß.“

Wohnbau-Booster – das Förderprogramm in Bayern 2024

Das Bayerische Kabinett hat am 16.01.2023 ein neues Förderprogramm aufgelegt. Unter dem Titel "Wohnbau-Booster Bayern" soll uunter anderem mit verbesserten Konditionen für Darlehen, höheren Zuschüssen und einer Extra-Förderung von Wohnungen in Orts- und Stadtkernen zusätzlich Anreize geschaffen werden. Ebenso sollen Planerinnen und Planer mit einem flexibleren Baurecht - das sich an dem von der Bayerischen Architektenkammer initiierten Gebäudetyps E orientieren soll - mehr Gestaltungsspielräume für den experimentellen, einfachen Wohnungsbau erhalten, siehe Ziffer 5 des Wohnbau-Boosters (unter dem o.g. Link).


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